Warum gemeinsam essen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen so wichtig ist
Wenn es ums Essen und junge Leute geht, dann gibt es ein beliebtes Zerrbild: Die Mutter ist berufstätig, der Vater sowieso. Die Kinder lassen sich in jüngeren Jahren möglichst vom Mittagessen in Kindergarten und Schule hochpäppeln, ehe sie sich als Teenager an Fast Food laben. Abends trifft sich die Familie vor dem Fernsehgerät, beim Schnellgericht vom Pizza-Blitz.
Ein Zerrbild, zum Glück. In grellen Farben beschwört es den Untergang der familiären Esskultur, sieht weithin Menschen, bei denen die gemeinsame Mahlzeit zwischen Schule, Beruf und Freizeit auf der Strecke bleibt.
Wahr ist: Zu Hause wird seltener gekocht als früher, nicht immer sitzt die komplette Familie am Tisch. Tatsache ist aber auch: Essen ist nach wie vor Familiensache. Der aktuelle Familienbericht der Bundesregierung belegt das ausdrücklich. Satte 103 Minuten pro Tag nehmen sich Familien Zeit fürs gemeinsame Essen und Trinken – 21 Minuten mehr als vor fünfzehn Jahren.
Diese Zahlen sind mehr als nur Statistik: Für den Nachwuchs ist die Zeit rund um den häuslichen Esstisch von hohem erzieherischen Wert. Wissenschaftliche Studien aus den USA besagen, dass Teenager mit regelmäßigen Familienmahlzeiten weniger Übergewicht haben, seltener suchtkrank sind und bessere Noten nach Hause bringen. “Solche Erkenntnisse verdeutlichen, wie sehr Essen über die bloße Nahrungsaufnahme hinausgeht und ein Teil unseres Sozialverhaltens ist, das die ganze Persönlichkeit formt”, sagt Dr. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung. “Wo man das Ritual des gemeinsamen Essens pflegt, ist man sich auch in anderen Lebensbereichen zugetan.”
Bei den Mahlzeiten lässt sich Gemeinschaft “er-schmecken”, selbst dort, wo die Familie nicht dem Bilderbuchidyll gleicht. Mahlzeiten bieten heute vielfach die einzige Gelegenheit am Tag zum gemeinsamen Gespräch. Für den französischen Soziologen Jean-Claude Kaufmann gehören sie zur “QArchitektur des Familienlebens”.
Gemeinsam essen fängt bereits beim Einkaufen und Zubereiten an. Und so kann es zum Erlebnis werden:
- Das gemeinsame Prüfen und Auswählen im Geschäft oder auf dem Markt, das Schnibbeln, Abwiegen und Kochen daheim in der Küche fördern die Vorfreude aufs Mahl. Essen schmeckt besonders gut, wenn es ideenreich aus frischen Produkten der Region bereitet wird.
- Das Familienleben läuft heute nur noch selten nach traditionellem Muster mit täglich drei, vier festen Mahlzeiten. Viel gewonnen ist bereits, wenn das gemeinsame Essen mehrmals pro Woche oder am Wochenende zum verlässlichen Bezugspunkt aller Beteiligten wird.
- Einige Regeln für alle helfen dabei. So sollte jeder bei den Vor und Nacharbeiten helfen. Fernsehen, Spielen und Telefonieren sind während der Mahlzeit tabu. Jedes Familienmitglied darf sich mal sein Lieblingsgericht wünschen, Konfliktthemen (z. B. Schule) sollten während des Essens nicht angesprochen werden.
Soweit einige Vorschläge: Finden Sie selbst heraus, was bei Ihnen zu Hause am besten ankommt!